Frau Dattelpflaum reist

... und schreibt
2018 - Normandie und Kanalinseln

A jolly good time

28. Juli 2018

Sonderlich gut geschlafen habe ich trotz des kuscheligen Betts nicht, aber wenigstens die Wolken haben sich mittlerweile wieder verzogen. Zum Frühstück fragt mich der Gastwirt, ob es ein full English breakfast sein darf. Auf meine Frage, ob er mir das in einer vegetarischen Variante zubereiten könne – also einfach ohne Speck und Würstchen – meint er: „Oh, I wish you had told me yesterday, then I could’ve got you one of these Linda McCartney vegetarian plastic saussages!“ 😀 Na, wenn das nicht vielversprechend klingt.

Nach dem Frühstück habe ich den nächsten Bus in die Stadt genommen, habe mir eine Wochenkarte für den Bus organisiert (die es dummerweise nicht im Bus gibt) und bin einfach ein bisschen durch die Gegend gelaufen. Die Sonne scheint, überall stehen Straßenmusiker, und ich genieße es, wieder hier zu sein.

Gegen 12 bin ich mit Iain verabredet, der mir in meinem letzten Urlaub hier so toll geholfen hatte, und meine Sorge, ob wir uns wohl noch was zu erzählen haben, verfliegt in der ersten Minute. Ich werde herzlich begrüßt und gedrückt, Iain bestellt an der Bar das erste Bier, und wir reden und reden, lachen, bestellen das nächste Pint und haben eine gute Zeit. Dann möchte Iain mir noch die Ecken zeigen,  in der er mittlerweile wohnt, also nehmen wir den Bus zur Vazon Bay. Schon die Busfahrt quer über die Insel ist wirklich schön. Überall Palmen, die hübschen Natursteinhäuser, viel Grün und in einigen Kurven in der Ferne der Blick aufs Meer.

Wie angekündigt ist an der Westküste tatsächlich anderes Wetter als in St. Peter Port. Es ist deutlich windiger und frischer, und angeblich passiert es nicht selten, dass es hier regnet, während in anderen Inselteilen die Sonne scheint. Oder umgekehrt. Sooo groß ist die Insel ja gar nicht, aber an der Westküste trifft das Atlantikwetter eben zuerst auf die Insel.

Die Vazon Bay ist schön, aber heute findet hier ein Motorradrennen am Strand statt. Es stinkt nach Abgasen, und die Petrol Heads veranstalten einen Höllenlärm, während sie mit viel Getöse ihre Runden durch den Sand drehen. Wir schauen uns das Spekatkel für einige Minuten an und wundern uns zum einen über die kleinen Kinder auf  den Mopeds und zum anderen darüber, was man dem Ganzen wohl abgewinnen kann. Dann beschließen wir schnell, eine kleine Wanderung zur benachbarten Cobo Bay zu machen.

Unterwegs löchere ich Iain mit Fragen über die Insel, während ich die Ansichten dieses traumhaft schönen Küstenweges in mir aufsauge. Zerklüftete Felsen gesäumt von alten Festungsanlagen wechseln sich ab mit feinem Sandstrand, ehe sich vor uns der Blick auf die Cobo Bay öffnet. Ich frage mich, wie die Menschen hier überhaupt zu irgendetwas kommen. Ich säße hier wahrscheinlich die ganze Zeit nur an der Küste herum, um diesen Anblick zu genießen. Iain schwärmt unterdessen von den allabendlichen, traumhaften Sonnenuntergängen hier an der Westküste und von der ausgelassenen Stimmung, wenn Einheimische und Touristen den Tag hier bei gutem Wetter mit einem Bier ausklingen lassen. Ich kann es mir lebhaft vorstellen.

Nach unserem Spaziergang kehren wir im Rockmount ein. Das bietet nicht nur einen fantastischen Ausblick auf die Bucht, sondern auch jede Menge Bier- und Cider-Sorten, und ich werde umgehend dazu eingeladen, diese zu testen. Passenderweise bietet das Rockmount Tabletts mit mehreren Sorten zum Probieren an – super Idee, finde ich! Am Ende soll ich wählen, welche Sorten mir am besten geschmeckt haben. Ich nenne den Still Cider und das fruchtige Ale und nenne damit treffsicher genau die beiden Sorten, die hier auf der Insel produziert werden. Lachend heißt es: „It seems you’re much more of an Guernsey girl than you think!“  Well, maybe. 🙂

Schade, dass die Busse nicht mehr so spät fahren, sonst wäre ich gerne noch bis zum Sonnenuntergang in der Cobo Bay geblieben. Andererseits bin ich mittlerweile auch tatsächlich ein wenig angetüdelt, somit wird es Zeit, den Rückweg anzutreten.

Wenigstens wurde ich mittlerweile aufgeklärt, wie ich hier die Bushaltestellen finde. Ich weiß zwar, dass man den Bus jederzeit durch Winken anhalten kann, aber es wäre ja trotzdem ganz nett zu wissen, wo die Busse offiziell abfahren. Da gibt es laut Fahrplan in Straße XY eine Haltestelle, und dann ist da aber weit und breit weder ein Häuschen, noch ein Schild, noch ein Halteplan oder sonstwas auszumachen. Bei meiner Ausschau nach diesen üblichen Haltestellenattributen bin ich aber nicht auf die Idee gekommen, meinen Blick nach unten zu senken – ganz einfach: die Busse halten da, wo auf der Straße das Wort „BUS“ aufgemalt ist. Das sieht man natürlich nicht von weitem, und wenn man die ganze Zeit nach oben schaut, um nach Schildern zu suchen, erst recht nicht. Zum Glück bin ich wohl bei weitem nicht die Einzige, die das nicht geschnallt hat. Bloody tourists! 

Als ich mich verabschieden will, verweist Iain auf all die Dinge, die auf meinen Reisen immer schief gehen, und meint scherzend: „I better make sure you’re on the right bus!“ und begleitet mich noch ein Stückchen auf dem Rückweg. Wir nehmen uns vor, uns vor meiner Abreise noch ein weiteres Mal zu treffen, und ich hoffe, dass wir das hinbekommen.

Die Buslinie zurück zu meiner Unterkunft fährt ein ganzes Stück die Küstenstraße entlang und bildet einen tollen Abschluss dieses ohnehin schon schönen Tages. Bevor es auf mein Zimmer geht, springe ich noch schnell in den Supermarkt neben dem Hotel. Jetzt gilt es nur noch zu entscheiden: Salt and Vinegar Chips oder Carrot Cake? ?

 

  1. Ich liebe diese Reiseberichte von dir. Man hat das Gefühl, dass man mit dir unterwegs ist.
    Weiterhin einen wunderbaren und entspannten Urlaub, Hase.

  2. Wie schön. Ich kann mir bei deinen Berichten alles bildlich vorstellen! Ich sitze auch gerade am Strand, genieße eine Eisschokolade und noch mehr, dass Erik schläft 😉
    Man muss wirklich öfter ans Meer fahren.

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