Am Freitagmorgen gab es ein tolles Frühstück und einen netten Plausch mit meiner Gastwirtin. Ich habe es wirklich genossen, diese große Ferienwohnung für mich allein zu haben und bin froh, dass ich mir nicht das Geschnarche der anderen Gäste anhören musste. Meine Gastgeberin hingegen hatte nachts selbst kein Auge zu gemacht, weil alles so hellhörig ist. Die Arme. Ihrer guten Laune hat das allerdings nicht geschadet und so plaudern wir eine ganze Weile über dies und jenes.
70 Jahre ist sie alt und bewirtet immer noch ihre Gäste, putzt die Zimmer und die Ferienwohnung. Sie liebt es, mit Menschen aus allerlei Ländern ins Gespräch zu kommen und kann nicht verstehen, warum so viele Menschen aus ihrer Generation für den Brexit gestimmt haben und es der nächsten Generation damit so viel schwerer machen. Als wäre das eine Lösung für die Probleme des Landes. Da sind wir uns einig.
Man merkt, dass sie gerne Gastgeberin ist und alles daran setzt, dass sich ihre Gäste richtig wohl fühlen. Hier bekomme ich sogar zwei vegetarische Würstchen zum Frühstück gebraten… uff! 😀 Seit 25 Jahren macht sie das jetzt schon, und auch, wenn es ihr Spaß macht – den Geruch von gebratenem Frühstücksspeck kann sie nach all den Jahren einfach nicht mehr ausstehen, verrät sie mir. Wer will ihr das verübeln.
Sie kann es gar nicht fassen, dass ich die ganze Strecke tatsächlich ganz alleine gefahren bin und alleine unterwegs bin. Sie ist schwer beeindruckt davon und fragt mich nach meinem bisherigen Urlaub, was ich so gemacht hätte. Nach dem Frühstück erzählt sie mir, dass ich sie richtig ermutigt hätte, und dass sie es demnächst auch einfach mal ausprobieren möchte, ein paar Tage alleine zu verreisen und einfach nur das zu machen, was sie machen möchte. Das freut mich wiederum – wie schön, wenn man eine 70-jährige zu Lady zu so etwas inspirieren kann! Ich hoffe, sie macht es wirklich. Mit einem „Enjoy your travels, brave girl!“ werde ich herzlich nach Bath verabschiedet.
Bath hat mich richtig überrascht. Die Stadt war mal etwas größer als die, die bisher auf meiner Route langen, und hat mir richtig gut gefallen. Sie ist geprägt von der Architektur des 18. Jahrhunderts mit beeindruckenden Crescents (halbrunden Straßenzügen) und Prachtbauten. Natürlich habe ich mir die Bäder angesehen, die hier von den Römern an den einzigen heißen Quellen Englands erbaut wurden. Das war schon interessant, aber wie immer ziemlich voll und überteuert.
Um mir einen Überblick über die Stadt zu verschaffen, habe ich mir ein Ticket für eine Sightseeing-Bustour gekauft. Finde ich immer ganz nett, für einen allgemeinen Eindruck. Die erste Route führte durch das Zentrum von Bath und der Guide hat uns mit viel Begeisterung zahlreiche Anekdoten zu Queen Victoria und seiner Stadt erzählt. Das hat wirklich Spaß gemacht. Die zweite Route führte dann ein bisschen weiter ins Umland. Der Bus war relativ voll und wir saßen mit einigen Menschen oben auf dem offenen Deck. So auch der Guide, der nicht ganz so enthusiastisch wirkte wie der erste. Kaum waren wir losgefahren, fing es an, wie verrückt zu stürmen und zu schütten.
Da die unteren Plätze besetzt waren, mussten wir da wohl durch. Kapuze auf, Augen zu und durch. Zu allem Überfluss waren die Äste der Bäume vom Regen wohl ein bisschen schwerer und hingen somit etwas tiefer als sonst, sodass wir oben eigentlich die ganze Zeit mit geduckten Köpfen auf unseren Sitzen kauern mussten, damit uns die Zweige der Bäume am Straßenrand nichts durchs Gesicht peitschen. Da wurde die Sonnenbrille dann schnell zur Schutzbrille. Die Fahrt war fürchterlich, aber irgendwie mussten alle nur lachen, weil es so schrecklich war. Und plötzlich fällt mir auch wieder der schlechte Witz ein, mit dem mich mein Gastgeber in Penzance verabschiedet hatte: „Let’s hope there will be no showers in Bath – you understand? No SHOWERS in BATH.. hahaha!“
Das Beste war aber der Guide zum Schluss, als wir – wie es hier üblich ist – mit einem „Thank you“ ausstiegen. Ihr kennt Alan Rickman in seiner Rolle als Professor Snape in Harry Potter? Stellt euch bei diesem klatschnass geregneten Guide bitte genau diesen angewiderten Gesichtsausdruck vor, und dieselbe langsame, ironisch-verachtende Intonation bei der durch die Zähne gequetschten Antwort: „It has been an ABSOLUTE pleasure, if you know what I mean.“ Er tat mir ja leid, aber er hätte einen großartigen Professor Snape abgegeben. 😀
Kaum ist die zweite Bustour vorbei, scheint auch wieder die Sonne. War ja ein super Timing. Aber das Stadtbild ist wirklich schön und spätestens nach einem Besuch im Jane Austen Centre hat man genau diese Filme und Geschichten vor Augen. Jane Austen hat hier eine Zeit lang gelebt und geschrieben, und einige Orte in Bath finden sich in ihren Geschichten wieder. Man sieht es wirklich vor sich.