Seit gestern bin ich in Inverness. Es hat zwar eine Weile gedauert, bis ich ohne Navi die Jugendherberge gefunden habe, aber irgendwann hat es zum Glück geklappt.
Inverness ist ein kleines, gemütliches Städtchen, mit hübschen Häusern, einer netten Fußgängerzone, einer viktorianischen Markthalle, einem kuriosen Buchladen in einer alten Kirche, und Straßenschildern, die neben dem englischen auch immer noch den gälischen Straßennamen tragen. Es gefällt mir hier, aber irgendwie ist gerade ein wenig die Luft raus. Dieser ständige Regen!
So viele Ecken, die ich mir gerne noch angesehen und Strecken, die ich gerne noch gefahren wäre, aber ich habe doch einiges gestrichen. Wie zum Beispiel den Schlenker über Ullapool. War zwar schade, aber richtig. Man braucht für die einzelnen Strecken doch länger als man meint, und bei dem Wetter ist es einfach nur anstrengend zu fahren.
Vor allem bin ich völlig verunsichert, seit mir andere Reisende auf der Isle of Skye vor einigen Tagen beim Frühstück von ihrem geplatzten Reifen berichtet haben. Die beiden Damen waren tags zuvor mit Karacho durch eine Pfütze gebrettert, die sich als tiefes Schlagloch herausgestellt hat und den Reifen hat platzen lassen. Der Abschleppdienst meinte, dass das oft passiert, und dass schätzungsweise 95% der Pannen auf Touristen fallen, die die hiesigen Straßenverhältnisse nicht gewohnt sind.
Ich fand es zwar süß, wie die Damen berichteten, dass ihnen andere sofort zur Hilfe gekommen sind, und dass der Abschleppdienst die völlig aufgelösten Damen fröhlich mit den Worten „Don’t worry! My name is Luke and you’re in good hands!“ tröstete. Nachahmen möchte ich die Situation trotzdem nicht.
Mit dieser Geschichte im Hinterkopf hatte ich Schiss vor jeder Pfütze und bin total unsicher gefahren, denn große Pfützen gibt es bei dem Wetter wahrlich genug. Und auch, wenn die meisten Straßen ganz okay sind, gibt es abschnittsweise eben doch viele Schlaglöcher. Denen kann man bei Gegenverkehr nicht immer ausweichen, zum Abbremsen ist es manchmal zu spät, und man sieht eben auch tatsächlich nicht, wie tief diese Pfützen eigentlich sind. Das hat mich total gestresst. Da man bei den tiefhängenden Wolken ohnehin nichts von der Landschaft sieht, ging es dann eben direkt nach Inverness ins Hostel. Auch gut. Warm und ausgiebig geduscht, Joggingbuxe an, und mit einer heißen Tasse Tee ins Bett und auf dem Laptop thematisch passend Reign geguckt. Ein Tag Pause war auch mal nicht schlecht.
Nachdem ich von den Hostel-Mitarbeitern in Erfahrung gebracht habe, wie hier die großen Elektronikketten heißen, habe ich gleich heute Morgen den Bus zur nächsten Elektronikbude am Stadtrand genommen und habe mir dort tatsächlich ein neues Navi besorgt. Gerade in den Städten ist es einfach viel entspannter, wenn man alleine unterwegs ist und nicht gleichzeitig fahren und Karten lesen muss!
Dabei ergab sich auch noch ein nettes Gespräch mit einem Straßenzeitungsverkäufer, der dort vor dem Laden stand, und mir von seiner Freundschaft mit einer Krähe, von der schottischen Landschaft und von seiner Heimat Aviemore erzählt hat, an der ich später noch vorbeifahren werde. Ich mag diese Begegnungen. Nimmt man sich Zeit für soetwas, wenn man in Gesellschaft unterwegs ist? Eher selten.