Die letzten Wochen waren anstrengend und emotional. Dann noch die lange Anfahrt, und eine furchtbare erste Nacht bei meinem Zwischenstopp in Valenciennes. Das Hotel war einfach nur furchtbar. Mit einem winzigen, abgewohnten Zimmer kann ich für eine Nacht auf der Durchreise noch leben. Aber dann waren in den Außenwänden Lüftungsschlitze, die sich nicht schließen ließen. Das ist besonders schön, wenn dann die ganze Nacht zig Leute aus den Nachbarzimmern davor stehen, rauchen, kiffen und alles ins Zimmer zieht. Dabei war es ohnehin schon unfassbar heiß und stickig in dem Zimmer – ich hatte das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen. Und ein Höllenlärm in der Bude, da alle Wände aus Pappe zu sein schienen. Irgendwann hatte ich so die Nase voll davon, dass ich dachte, ich könne besser im Auto schlafen.
Nun ja, nun ist es nachts alleine in irgendeinem Industriegebiet in Frankreich nicht gerade heimelig im Auto. Schon gar nicht, wenn da dann auch noch die ganze Zeit irgendwelche Typen in zwei Metern Entfernung neben deinem Auto stehen. Das wurde mir dann irgendwann doch zu gruselig, sodass ich wieder reingegangen bin, sobald die mal kurz weg waren. Nur, um dann im Zimmer wieder das Gefühl zu haben, zu ersticken. Also wieder ins Auto. Und dann doch wieder rein…. und ach…. irgendwann war die Nacht um, und ich war froh, als ich dort weg konnte. Aber ich kam mir vor, wie in einem Quentin-Tarantino-Film. Das abgeranzte Motel im Industriegebiet, die Hitze, die brummende Lüftung, defekte Leuchtreklame, komische Typen… mir war schon, als setzte leise Ennio-Morricone-Musik ein.
Zu „Premier Classe“ fehlt hier jedenfalls mehr als ein paar Leuchtbuchstaben.
Die zweite Nacht in der hübschen Ferienwohnung von Aimée war natürlich um Meilen besser, aber ingesamt steckten mir die vorherige Nacht, die Fahrt und alles andere doch nocht ziemlich in den Knochen. Somit stand für mich recht schnell fest, dass ich an meinem ersten Urlaubstag in der Normandie einfach mal gar nichts machen möchte, und freute mich so richtig auf einen entspannten Tag am Strand.
Dann bekam ich einen Anruf von der Fährgesellschaft, über die ich mein Fährticket nach Guernsey gebucht hatte. Leider gäbe es am Boot einen Motorschaden, weswegen bis zum 2. August alle Fährverbindungen ausfallen. Man könne mir nichts anderes anbieten, als mein Ticket zu stornieren. Ich dachte, ich hör nicht richtig! GAR keine Fähren? Das hätte bedeutet, dass ich weder nach Guernsey, noch nach Sark komme, mein Urlaub ausfällt, und dass ich sehr wahrscheinlich auf den Hotelkosten für 9 Nächte sitzen bleiben werde.
Natürlich war meine Laune schlagartig im Keller. Gerade auf die Inseln hatte ich mich doch so gefreut! Den einzigen Tipp, den man mir gab, war, es doch mal über Condor Ferries ab Saint-Malo zu versuchen. Maaaaan.. muss bei mir im Urlaub eigentlich immer irgendwas schief laufen? Leider gab es in der Ferienwohnung weder W-Lan noch Empfang. Aber zum Glück durfte ich zu Aimée kommen und dort ihr Internet nutzen. Nach einiger Aufregung habe ich dann tatsächlich noch ein Ticket ab St-Malo bekommen und konnte auch die Fährverbindung nach Sark umbuchen, die dann auch nicht mehr gepasst hattte. Zwar muss ich so noch 230 km weiter in den Süden fahren, aber es war der einzige Weg, um überhaupt noch auf die Inseln zu kommen.
Bis das alles geklärt war, war schon wieder der halbe Tag vergangen. Höchste Zeit, endlich nach Hatainville an den Strand zu fahren!!
Und was soll ich sagen? Der hat wirklich für alles entschädigt. Ich konnte mich an diesen Farben gar nicht sattsehen. Dieses Licht! Das blaue Wasser! Und fast leer, der Strand – mitten im Sommer!
Es wundert vermutlich nicht, dass ich mich dort dann den Rest des Tages aufgehalten habe. Und auch, wenn ich das normalerweise nicht mache – ich musste hier einfach ins Wasser. In Ermangelung eines Badeanzuges habe ich mich einfach ausgezogen und bin auf Unterwäsche und im Spaghettitop schwimmen gegangen. Mich kennt hier ja keiner, und drauf gepfiffen, wie das aussieht! Woooohoooo, war das toll! Im Atlantik schwimmen, mit Wellen und Salzwasser in der Nase, mit Ausblick auf diese atemberaubende Dünenlandschaft! Hach!
Wenn´s blöd kommt, dann auch richtig! Aber diese Geschichten werden vermutlich in Erinnerung bleiben. Wer kann schon sagen, im zwielichten Industriegebiet Frankreichs im Auto geschlafen zu haben 🙂
Aber gut, dass es vorbei ist! Ab jetzt läuft´s wieder rund – ganz bestimmt 🙂
Und sonst wäre es ja auch langweilig! 😉