Der heutige Tag beginnt grau und wolkig, als ich zu meinem nächsten Ziel in St. Florence aufbreche. Für unterwegs habe ich mir zwei Küstenabschnitte ausgesucht, an denen ich einen kleinen Halt machen möchte. Ich weiß nicht, warum, aber heute bin ich irgendwie unsicher unterwegs. Das erste Ziel ist der Nash Point Leuchtturm, der natürlich in Teilen nur über diese engen Tunnelblickstraßen zu erreichen ist, die teilweise auch noch furchtbar kurvig sind, sodass man eben nie weiß, ob und was da aus der Gegenrichtung auf einen zukommt.

Ich fahre angespannt und trete bei jedem Wagen, der um die Kurve kommt, voll in die Bremsen. Immerhin weiß ich nun, dass mein ABS funktioniert. Und wenn jemand hinter mir fährt, halte ich bei der nächsten Gelegenheit an und lasse ihn überholen, weil es mich so nervös macht, wenn mir jemand im Nacken sitzt. Aber nach einer Weile merke ich, dass ein Großteil des Stresses in meinem Kopf passiert. Ja, man muss aufpassen und langsam fahren. Aber jeder grüßt freundlich, die Menschen sind geduldig und bedanken sich mit einem Lächeln und Handzeichen, wenn ich in einer Haltebucht warte, um sie passieren zu lassen. Eigentlich sind alle ganz entspannt außer mir, und niemand scheint sich darüber aufzuregen, dass ich blöd fahre. Nicht die anderen stressen mich, sondern ich mich selbst.
Nach dieser Erkenntnis wird es etwas besser. Ist doch okay, wenn ich anhalte, um die anderen überholen zu lassen, weil ich langsamer fahren möchte. Viel los ist ohnehin nicht, sodass es nur ab und zu mal passiert.
Am Nash Point steige ich aus und mache eine kleine Wanderung an der Klippe entlang zum Leuchtturm. Es weht ein kräftiger Wind, es sind kaum Menschen da, und ich genieße die Stille und den Ausblick auf die raue Küste. Wie sehr ich diese Landschaft liebe!
Danach wollte ich eigentlich noch zur Three Cliffs Bay bei Swansea, aber während ich mich auf dem Weg dorthin durch diese engen Straßen schlängle, fängt es nun doch an zu regenen. Was soll’s. Eigentlich muss heute auch nicht unbedingt noch ein Programmpunkt sein. Somit tippe kurzerhand auf meinem Navi die Adresse meines Hotels an und bin froh, als ich kurz darauf wieder auf der Autobahn bin.
Die Landschaft wird zunehmend bergig, wovon ich aber nicht allzu viel sehe, da alles in Nebel und feinen Nieselregen eingehüllt ist. Es ist, als würde sich die Landschaft überall vor einem verstecken – entweder hinter Hecken oder hinter Wolken. Ich klemme mich hinter einen LKW, zuckel gemächlich hinter ihm her und schalte das Radio ein. Dort berichtet BBC Wales von einem Chihuahua, der von einer Möwe geschnappt und entführt wurde. Alle hoffen, dass Little Gizmo wohlauf ist, und dass die Möwe ihn einfach wieder irgendwo absetzen wird. Ich erinnere mich an Bill Bryson, der sich in einem seiner Bücher über derartige Nachrichtenbeiträge amüsierte, und schmunzle erneut vor mich hin.
Am frühen Nachmittag erreiche ich mein Hotel, wo ich fast sofort aufs Bett falle und einschlafe. Für den Rest des Tages ist Pause angesagt. Und wie könnte man die Pause nach einem Nickerchen besser zelebrieren als mit einer Tasse Tee? Dazu hatte ich heute meine ersten Welsh Cakes. Ich trau mich kaum, es zu sagen, aber vielleicht sind die sogar noch besser als Scones!
