Frau Dattelpflaum reist

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2017 - Südengland

Kynance Cove und Minack Theatre

16. August 2017

Getreu dem bisherigen Rhythmus habe ich konsequent jeweils einen Regen- und einen Sonnentag im Wechsel. So wie es vorgestern und heute geschüttet hat, kann ich nur von Glück reden, dass ich gestern schönes Wetter erwischt habe, denn ich hatte schon vor Monaten eine Karte für das Minack Theatre gekauft. Aber der Reihe nach.

Gestern Morgen bin ich nach dem Frühstück erstmal zur Kynance Cove gefahren, die ca. 70 min von meinem Hotel entfernt ist. Es sind zwar nur 40 Kilometer, aber für die braucht man hier einfach viel länger als man es von Deutschland gewohnt ist.
Auf dem Parkplatz in der Nähe der Bucht war es noch recht leer, und natürlich waren auch hier die obligatorischen 5 Pfund Parkgebühr fällig. Ich glaube, das meiste Geld habe ich in diesem Urlaub für Parkgebühren ausgegeben. Aber was willste machen. Da ein nicht vorhandenes oder abgelaufenes Parkticket hier mit bis zu 100 Pfund (!) Bußgeld quittiert wird, sieht man lieber zu, dass das seine Richtigkeit hat.

Kurios waren aber die ganzen Kühe, die hier über diesen Parkplatz liefen. Ich weiß ja nicht, was die davon halten, dass ihr Frühstückstisch als Parkplatz ausgewiesen ist, aber sie haben sich zumindest neugierig alle Autos angeschaut. (Natürlich hatten sie genug alternativen Platz in der Umgebung, es war nur nichts abgezäunt).

Nach einer kurzen Wanderung gelangt man in eine traumhaft schöne Bucht mit kleinem Strand, türkisblauem Wasser und tollen Felsformationen. Weiter unten gibt es auch ein Beach Café. Da das letzte Wegstück über steile, glitschige Treppen und Steinhaufen führte, habe ich mir dieses halsbrecherische Stück aber geschenkt, und bin stattdessen auf halber Höhe geblieben und habe in der Sonne ein kleines Picknick gemacht. Superschön war das.

Später saß ich noch eine Weile an der Stelle auf einer Bank am Wanderweg, bei der man nach einer Kurve den ersten Blick auf die Kynance Cove hat. Es war toll, dabei die Reaktionen der Leute zu verfolgen, die auf dem Weg zum Strand waren. Jeder, wirklich jeder blieb mit einem strahlenden Lächeln stehen und meinte: „WOW!! This is beautiful!“

Kynance Cove

Aber wie das so ist mit diesen tollen Orten – sie sind natürlich schon lange kein Geheimtipp mehr. Und auch, wenn mir klar war, dass ich in der Hauptsaison reise, bin ich dennoch überrascht, wie voll es fast überall ist. Kommt man erst mittags irgendwo an, ist es überall rappelvoll und hat man kaum eine Chance, einen Parkplatz zu bekommen. Selbst mitten in der Pampa nicht. (An dieser Stelle könne man sich zum einen fragen, wie voll es wohl überall ohne diese Parkgebühren und die drakonischen Bußgelder wäre und zum anderen aber auch, wie viel Kohle bei diesen Massen mit den Parkgebühren wohl gemacht wird.)
Aber die Straßen sind eben zu eng, um am Straßenrand zu parken – den es dank der Hecken ja oft auch gar nicht gibt – und die vorhandenen Parkplätze sind – egal, wie groß sie sind – einfach sofort voll.

Tagsüber geht es auf den Straßen teilweise nur langsam voran, wenn die Blechlawinen durch sie hindurch durchrollen. Wenn sie denn noch rollen und nicht in einem der zahlreichen Staus stehen. Die engen Straßen und die kleinen Orte können diese Anzahl an Autos gar nicht fassen. Gleiches gilt auch für die Strände.
Somit kann ich auch dabei zusehen, wie sich der Strand der Kynance Cove bis zum Mittag immer weiter füllt, sodass jeder weitere Wanderer, der um die Ecke kommt, nicht nur ausruft, wie schön es ist, sondern im selben Atemzug auch stöhnt, wie voll es ist. Ein Wahnsinn.
Wie war das noch bei Enzensberger? „Der Tourist zerstört, was er sucht, indem er es findet.“ Und ich bin ein Teil dieser Horde. :/ Zeit, sich auch darüber mal Gedanken zu machen.

Da es ohnehin rappelvoll wird und ich nicht weiß, wie lange ich aufgrund der Verkehrslage bis nach Porthcurno zum Theater brauche und dort eigentlich auch ganz gerne noch an den Strand möchte, mache ich mich mittags auf den Weg in Richtung Minack Theatre. Wieder einmal bin ich froh, dass ich schon so früh morgens unterwegs war, sodass ich diese wunderschöne Bucht noch genießen konnte, als noch kaum jemand da war.

Bis nach Porthcurno brauchte ich ca. 1,5 Stunden, und wie befürchtet war in der Nähe des Strandes überhaupt nicht an einen Parkplatz zu denken. Schade eigentlich. Da das dann aber auch heißt, dass natürlich auch der Strand dementsprechend voll ist, habe ich es auch gar nicht lange versucht. Somit bin ich direkt den Berg hoch zum Minack Theatre gefahren, wo ich mein Auto zum Glück loswerden und dann oben die Gegend ein bisschen erkunden konnte.  Auch da gab es genug zu sehen.

Porthcurno

Das Minack Theatre wurde in den 1920er Jahren als Freilichttheater direkt in die Klippen gebaut. Es sieht aus wie ein halbrundes Amphitheater und während der Vorstellung schaut man direkt aufs Meer. Zum Glück hatte ich mir schon vor Monaten ein Ticket für die gestrige Vorstellung gekauft, denn es stand schon von weitem überall angeschlagen, dass die Vorstellungen restlos ausverkauft sind. Mindestens genauso groß ist mein Glück mit dem Wetter. Vorgestern hat es Bindfäden geregnet, heute regnet es Bindfäden, und gestern – dem Tag, an dem ich ein Ticket fürs Freilichttheater  hatte – strahlender Sonnenschein. Bäääm!
Zwar finden die Vorstellungen bei jedem Wetter statt, aber drei Stunden unterm Regencape in der Kälte zu sitzen – das brauch ich nun auch nicht unbedingt.

Ein wenig amüsiert habe ich mich ja schon, bevor es losging. Die Briten sind ja unter anderem fürs queuing, das ordentliche Schlange stehen, bekannt. Wie gut das funktioniert, habe ich gestern mal wieder erlebt. Einlass war um 19:00 Uhr, und während bei uns wahrscheinlich einfach eine riesige Traube vor dem Eingang gestanden hätte, bei der jeder versucht, als Erster reinzukommen (zumal es keine festen Platzkarten gab) – wird sich hier ordentlich der Reihe nach angestellt. Bis eine Schlange um die Ecke und um den halben Parkplatz führt. Herrlich.

Und was soll ich sagen? Das war mit Abstand das schönste Theater, in dem ich war. Mit dieser Kulisse kann einfach kein noch so prächtiger Theaterbau mithalten. Es ist ausdrücklich erlaubt, sich sein eigenes Essen und seine eigenen Getränke mitzubringen. Dementsprechend rücken alle mit Kissen, Decken, und Taschen voller Verpflegung an und machen es sich auf den Gras- und Steinstufen gemütlich. Die Weingläser werden ausgepackt, die Thermoskannen mit heißem Kaffee, die Snacks und Butterbrote… während sich alle in ihre Decken einkuscheln. Die Stimmung glich einem einzigen Picknick.

Die mitgebrachten Decken waren auch mehr als nötig, denn kaum war die Sonne weg, wurde es ganz schön kalt. Mein großer Respekt gilt den Schauspielern, die da nicht warm eingemummelt waren, sondern in ihren dünnen, teilweise ärmellosen Kostümen im Wind und in der Kälte stehen. Das muss so arschkalt sein…

Aber diese Kulisse! Gestern wurde Shakespeares Comedy of Errors aufgeführt. Man sitzt da also und schaut sich ein Theaterstück an, während man die Wellen hört und den Blick aufs Meer hat. Anfangs ziehen noch ein paar vereinzelte Segelboote vorbei, später in der Nacht beleuchtete Fischerboote. In der Ferne das kreisende Licht eines Leuchtturmes und über einem der Sternenhimmel. Dazu eine wirklich tolle Inszenierung des Stückes. Großartig.

Zwar war die Rückfahrt auf diesen engen, dunklen und kurvigen Straßen, auf denen man nichts sieht und auf denen man aber trotzdem immer jemanden hinter sich hat, der drängelt, zwar wieder ein Alptraum und ich bin mit klopfendem Herzen zurückgefahren. Vor dieser Fahrt hatte ich schon Schiss, als ich mir vor Monaten das Ticket gekauft habe. Aber diese Vorstellung in diesem Theater war so, so schön – das war es wert! Zum Glück wird man ja oft belohnt, wenn man seiner Angst in den Hintern tritt und einfach trotzdem macht, was man gerne machen würde.

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