Heute ging es zurück nach Newcastle. Unterwegs habe ich noch ein bisschen gälisches Radio gehört. Ich wusste gar nicht, dass das hier noch so lebendig ist. Natürlich habe ich nichts verstanden, aber der Klang der Sprache hat mich fasziniert. In meinen Banausen-Ohren (man möge es mir nachsehen) klingt das ja irgendwie wie arabisch mit britisch-skandinavischem Akzent.
Kaum verlasse ich Schottland, wird das Wetter schön. Es scheint mein Urlaubsfluch zu sein: Sonne gibt es nur am An- und Abreisetag. War auf Guernsey und auf Sark ja auch schon so. Aber so bin ich wenigstens noch in den Genuss einer schönen Rückfahrt gekommen.
Da ich schon früh abgereist bin, konnte ich noch einen dreistündigen Stopp an der Melrose Abbey einlegen. Einst eine der bedeutendsten Abteien Schottlands aus dem 12. Jahrhundert, ist es heute eine beeindruckende Ruine. Am Eingang erhält man einen fantastischen Audioguide, der die Geschichte sehr lebendig werden lässt. Ich glaube, das war auch der erste Ort auf meiner Reise durch Schottland, an dem es keinen Verweis auf Bonnie Prince Charlie gab, der 1746 bei Cullodon die letzte Schlacht gegen die Engländer geführt hat und hier ein Nationalheld ist. Egal, wo man hinkommt, wird erzählt, wer ihm mal ’ne Suppe gekocht hat, über welchen Boden er gewandelt ist, oder wie man hier in den Jakobiteraufstand involviert war. Und in Melrose? Etwa kein Wort zu Bonnie Prince Charlie? Audioguide: „… and when Walter Scott visited Melrose in the year…” Ah…natürlich! Der andere Nationalheld. Der wird auch an ausnahmslos jedem Ort erwähnt. ?
Ein bekanntes Kuriosum dieser Abtei ist übrigens ein Wasserspeier in Form eines Dudelsack spielenden Schweins. Was die sich wohl damals dabei gedacht haben? Vielleicht haben die auch einfach ein paar Krüge selbstgebrautes Bier zu viel getrunken. 😉
Es war jedenfalls herrlich, hier einfach ein bisschen in der Sonne (!) sitzen zu können, um ein bisschen Licht und Wärme zu tanken, bevor es weiter ging.
Gerade die Borders, das Grenzland zu England, und das letzte Stück vor Newcastle waren wunderschön. Sehr hügelig, durch das ständige Auf und Ab zum Fahren teilweise sehr anstrengend, aber schön. Viel mehr Bäume als in den kargen Highlands mit ihren Sumpflandschaften. Und wunderschöne Mohn- und Gerstenfelder, die gerade von Grün zu Gelb wechseln. All die Gerste für das Bier und den Whisky. Ich werde wohl nie wieder Fields of Gold von Sting hören können, ohne an diese Fahrt zu denken. Ich hatte mich immer schon gefragt, was barley heißt („…among the fields of barley“). Gerste heißt das! Wenn Sting also von den fields of gold singt, dann denkt er vermutlich an die Felder in dieser wunderschönen Region – schließlich kommt Mister Sumner ja auch aus der Nähe von Newcastle. So erklärt sich ein Liedtext, während man durch die Landschaft fährt, die er besingt.